abc.etüden 2021 38+39 | 365tageasatzaday

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

auf gewohnter Einladung von Christiane und zu einer Wortspende von Werner folgt nunmehr die nächste Etüde:

 

„Und sonst?“

„Ich hab gestern immer dann, wenn Paul Ziemiak „Zukunftskoalition“ gesagt hat, einen Korn getrunken.“

„Oha, ein Trinkspiel?“

„Japp. Anders ließ sich der Wahlabend nicht ertragen.“

„Wieso? Die SPD …“

„… ist stärkste Partei, richtig. Aber so wie sich Frau Baerbock gestern an Herrn Lindner rangewanzt hat, bringt das alles nichts. Zwar ist aus Unionssicht aus gut acht Prozentpunkten Verlust einen Regierungsauftrag abzuleiten, mindestens verwegen, aber was solls!? Es geht um Mehrheiten. Und da fühlen sich die Überläufer-Grünen bei schwarz-gelb wohl eindeutig wohler, das war gestern klar herauszuhören.“

„Und nun?“

„Nun gibt es Jamaika unter Führung eines Kanzlers, der nicht mal einen Zettel falten kann und der antritt, die „Fesseln“ der Wirtschaft zu lösen. Jene „Fesseln“, die so unfassbar eng anliegen müssen, dass diese Wirtschaft immer noch schwarze Shampoo-Flaschen und Lebensmittelumverpackungen aus vier verschiedenen Kunststoffen produzieren darf, die nicht mal ein Extinction-Rebellion-Aktivist mit innerem „Monk“ ordnungsgemäß getrennt kriegt.“

„Aber…“

„Und in vier Jahren, da fällt dem verwunderten Wahlvolk auf, dass man immer noch keinen bezahlbaren Wohnraum hat, keinen erträglicheren Mindestlohn, keine Vermögensteuer, keine umfassendere, anständige EU-weite Finanztransaktionssteuer, dafür aber weiterhin Altersarmut und Menschen in Vollzeitjobs, die aufstockend Gelder beantragen müssen. All das, inklusive sozialer Gerechtigkeit, wurde gestern von den Grünen auf dem Altar der Regierungsbeteiligung geopfert.“

„Düstere Prognose.“

„Mag sein. Vielleicht irre ich mich auch und bin einfach nur sickig. Meine einzige Hoffnung ist, dass die Grünen einsehen, dass Klimaschutzpolitik mit schwarz-gelb für sie so sinnvoll ist, wie die Behandlung von Alkoholismus mit dem Paul-Ziemiak-Trinkspiel.“

„Abwarten. Was war sonst?“

„Abgesehen von Frau Weidel, die vorrechnete, dass ihre Partei trotz Verlusten von zweikommairgendwas Prozentpunkten im „bereinigten“ Ergebnis sogar dazugewonnen habe?“

„Ich würde den Bundestag auch gerne mal um die AfD „bereinigen“.

„D´accord! Jedenfalls: Abgesehen davon war nichts. Und nun verkrümele ich mich wieder ins Bett.“

„Auswirkungen des Ziemiak-Korns?“

„Davon kannste ausgehen.“

 

300 Worte.

8 Gedanken zu “abc.Etüden KW 38/39 II

  1. Na denn. Ich habe den Wahlabend gar nicht „ertragen“, ab und an ein Blick auf die Hochrechnungen reichte. Das dünne Gelaber ist am Wahlabend nicht dicker als zuvor, und glauben tue ich eh keinem mehr … 😏
    Danke dir für das Stimmungsbild.
    Montagmorgenkaffeegrüße, gefühlt früh 😁☁️🌳🌻☕🍪👍

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    1. Ich gebe zu, ein Wahlabend ist für mich so eine Art Feiertag. Ich liebe Politik! 🙂

      Ich finds schade, wenn du keinem in der Politik mehr traust, da du bei weitem nicht die Einzige bist, die so denkt, was durchaus ein Grundsatzproblem darstellt, das dazu führt, dass man aufgrund einer Wahlbeteiligung von um die 76 Prozent ja schon „Hurra!“ schreien muss, obwohl das im Umkehrschluss bedeutet, dass etwa ein Viertel der Wahlberechtigten ihr Wahlrecht nicht ausüben.

      Und wenn das auf „Ändert sich sowieso nichts, egal wär regiert!“ – was nachweislich falsch ist, und spätestens dadurch beweisbar, dass man der AfD mal für sechs Monate, nur so aus Spaß an der Freude, die alleinige Regierungsgewalt übertragen würde – oder auf „Ich glaub eh keinem mehr!“ beruht, dann wäre es in erster Linie mal die Aufgabe der Politik, den Ursachen dafür auf den Grund zu gehen.

      Ich könnte die Grundsatzdiskussion noch weiter ausführen, weil Sätze wie „glauben tue ich eh keinem mehr“ bei mir offensichtlich irgendwelche Knöpfe drücken, ich erspare es dir aber. 🙂

      Liebe Morgenkaffeegrüße zurück.

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      1. Moment. Ich will die Diskussion tatsächlich nicht führen 😏, aber eins kann ich so nicht stehen lassen: Ich war wählen, ich war bisher immer wählen, und sei es nur, dass der rechte Rand aus meiner fehlenden Stimme keinen Vorteil ziehen kann.
        „Allein mir fehlt der Glaube“, trotzdem, und wenn sich die Politik darum ernsthaft kümmern würde (und dem auch Taten folgen würden, nicht nur die Honigzungen und die Volksversteher an die Front), dann wüsste ich das durchaus zu würdigen 😉👍

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      2. Öhm, zugegeben, das wäre eine Lesart meiner Äußerungen, aber: Ich wollte dir niemals nie nicht unterstellen, dass du nicht wählen würdest! Das hätte ich deutlicher machen sollen, mea culpa.

        Ich wollte nur darauf hinaus, dass das andere eben aus mangelnem Glauben bzw. Vertrauen in die Politik allgemein und in die handelnden Personen im speziellen oftmals nicht tun.

        Ich fänds nur spannend, zu ergründen, worin das mangelnde Vetrauen allgemein und speziell begründet liegt, aber das würde uns in die Grundsatzdiskussion zurückleiten, die wir nicht führen wollen. 😉

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    1. Das wäre ich eben auch, ich kann mir allerdings nur vorstellen, dass es gerade die Klimaschutzpolitik ist, an der es scheitern könnte, weil sich Lindners Irgendwann-wird-schon-irgendwer-irgendwas-erfinden-was-irgendwie-helfen-könnte-Ansatz sich nur schwer mit der grünen Sicht der Dinge vereinbaren lässt.

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  2. Der Markt wird es schon richten, sagt doch die FDP, auch das Klima, also Angebot und Nachfrage. Vielleicht gibt es dann in Laschets Zukunftwerkstatt Kurse für Origamie und Sauerstoffspender in den Supermärkten, ähnlich dem Angebot von Wasserzapfstellen.

    Macht doch nicht schon wieder alles kaputt, bevor es angefangen hat!

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